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Rezension Mai 2006

Arndt Gühne:
Stadtarchäologie in Freiberg: Holzfunde
Reihe: Veröffentlichungen des Landesmuseums für Vorgeschichte Dresden, Bd. 22
Berlin, Deutscher Verlag der Wissenschaften, 1991
ISBN 3-326-00644-6

Arndt Gühne stellt in seinem Buch Holzfunde des Mittelalters und der frühen Neuzeit vor, nicht nur aus Freiberg, sondern auch aus anderen Städten in Sachsen. Das Spektrum der Funde ist beachtlich und tröstet über Schwächen in puncto Übersichtlichkeit hiweg.

Daß Holz über viele Jahrhunderte hinweg erhalten bleibt, ist nicht selbstverständlich. Der Boden muß entweder sehr feucht oder aber extrem trocken sein, damit die Archäologen später nicht nur Verfärbungen im Boden finden. Und der Gegenstand muß überhaupt erst in den Boden kommen, muß weggeworfen oder verloren werden, und nicht zu Brennholz verarbeitet werden.

Aus diesem Grund sind es gerade die Holzgegenstände, bei denen die Mittelalter-Szene gerne anfängt zu spekulieren mit dem Argument "Nur weil das nicht gefunden wurde, heißt das nicht, daß es das nicht gegeben hat". Aber ein Buch wie dieses zeigt, daß auch bei Holzfunden wilde Spekulationen nicht nötig sind. Unter günstigen Bedingungen kommen genügend Gegenstände für Rekonstruktionen ans Tageslicht. Und diese günstigen Bedingen finden sich vor allem in mittelalterlichen Gruben - Brunnen, Kloaken, Abfallgruben.

Das Spektrum der gefundenen Gegenstände ist groß. Vor allem hölzernes Küchengerät fand seinen Weg in mittelalterliche Gruben, Daubengefäße, Spatel, Quirle, Pokale, Kannen, Schalen, Teller, Schneidbretter, Löffel und Messergriffe. Aber auch anderes wurde gefunden, Spanschachteln, Holzkugeln und -eier, Werkzeuge für die Textilherstellung, etwa eine Spindel, ein Webschiffchen, Spinnwirtel, eine Kratze, andere Werkzeuge wie Schuhleisten, Schaufeln, Pinsel, Schlägel, Hammer oder Drechselabfälle. Und dann noch Trippen, Käfigteile, Spielzeug, Lichtpäne und noch einiges mehr.

Schade nur, daß man sich im Buch nicht so ganz einfach zurechfindet.

Nicht auf Anhieb ist klar, worauf die Zahlen verweisen, mit denen die Abbildungen beschriftet sind. Dabei sind innerhalb der Darstellung des Materials die Ziffern 3.1-3.32 die 32 unterschiedlichen Fundkategorien. Innerhalb des Katalogteils bezeichnen 7.1-7.18 die einzelnen Fundorte innerhalb Sachsens. Und innnerhalb der Abschnitte mit den Fundorten gibt es weitere Unterteilungen, für die größte Gruppe zum Beispiel, die Funde aus Freiberg, von 1.1 bis 31.21.

Um den Katalogeintrag zu einer Abbildung zu finden, muß man zunächst berücksichtigen, aus welcher Stadt der Fund stammt, und im Abschnitt zu dieser Stadt die entsprechende Unterteilung suchen. Umgekehrt ist es leichter: Die Nummern der Abbildungen finden sich sowohl im Darstellungsteil als auch im Katalogteil bei den jeweiligen Beschreibungen.

Und auch die Datierung ist nicht immer gleich einfach zu ermitteln. Bei manchen Fundorten ist sie in den Katalog integriert. Gerade bei den vielen Freiberger Funden muß man sich jedoch den genauen Fundort merken, um dann zu Beginn des Buches nachzuschlagen, auf welches Jahrhundert die entsprechende Grube zu datieren ist.

Trotzdem ist es ein empfehlenswertes Buch. Wer für eine Mittelalter-Darstellung bisher noch Holzgeschirr nach den Kriterien "möglichst einfach und handgeschnitzt" verwendet, kann hier tatsächliche mittelalterliche Vorlagen finden.

© 15. Mai 2006 Karen Thöle